Was kann ich tun, wenn ich einen konkreten Verdacht habe oder ein Kind oder Jugendlicher sich mir mitteilt und von sexualisierter Gewalt innerhalb des VCP oder aber im Familienumfeld berichtet?
Das Wichtigste zuerst: Du solltest dir jederzeit Hilfe von Vertrauenspersonen und/oder bei einer professionellen Fachberatungsstelle holen!  Auch wenn es dir vielleicht übertrieben vorkommen mag: Auch bei einem sehr vagen, unguten Gefühl solltest du auf deine Intuition hören und lieber einmal zu viel den Kontakt zu Vertrauenspersonen und/oder zu einer Fachberatungsstelle suchen.
Es gehört nicht zu deiner Aufgabe, einen Verdacht auf sexualisierte Gewalt gezielt und systematisch abzuklären und aufzudecken. Wir sind weder qualifiziert noch autorisiert dafür, zu therapieren oder Ermittlungen anzustellen. Jedoch solltest du Hilferufe der Kinder und Jugendlichen wahr- und ernst zu nehmen und darauf angemessen handeln und reagieren.
Die Handlungsleitfäden im Folgenden geben dir eine Orientierung, was du im Falle eines Falles tun solltest.
- Handle nicht voreilig und unbedacht, bewahre Ruhe.
- Behandle den Verdacht/das Gehörte vertraulich und halte den Kreis der mit dem Fall betrauten Personen so klein wie möglich. Erzähle nur denjenigen davon, bei denen es wichtig ist.
- Es ist zunächst wichtig zuzuhören. Du musst keine Lösung oder einen Ausweg wissen.
- Hole dir Unterstützung bei einer Vertrauensperson und/oder einer Fachberatungsstelle.
- Bespreche das weitere Vorgehen mit einer Vertrauensperson und/oder Fachberatungsstelle.
- Beginne den Fall zu dokumentieren. Schreibe das Gehörte, das Gesehene und deine Vermutungen und Schritte auf – schreibe Tagebuch (was, wann wo, wer) und trenne sauber zwischen Gehörtem, Gesehenem und deinen Vermutungen. Protokolliere Aussagen und Situationen des Gesprächs. Vermeide dabei eigene Interpretation. ⤷Dokumentationsleitfaden
- Erkenne und akzeptiere deine eigenen Grenzen und Möglichkeiten.
- Informiere auf keinen Fall den*die Beschuldigte. Versuche nicht, ihn*sie zur Rede zu stellen.
- Nicht sofort die Familie informieren.
- Nicht sofort die Polizei oder eine Behörde einschalten.
- Es ist nicht deine Aufgabe, den*die Betroffene*n zu therapieren oder Ermittlungen anzustellen.
„Ein Kind/ein*e Jugendliche*r hat sich mir mitgeteilt.“
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Höre zu, schenke dem Gesagten Glauben und sorge für eine Atmosphäre, in der Offenheit möglich ist. 
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Handle nur in Rücksprache mit dem*der Betroffenen und achte die Grenzen deines Gegenübers. Fälle keine Entscheidungen über den Kopf des*der Betroffenen hinweg. Stimme dein Vorgehen mit dem*der Betroffenen ab. 
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Versprich nichts, was du nicht halten kannst, z.B. niemandem etwas davon zu erzählen. Sage lieber: Da muss ich mir jetzt selbst erst einmal Rat holen. 
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Versichere dem Betroffenen, dass er*sie am Geschehenen keine Schuld hat und dass es richtig war, sich mitzuteilen. Keine Vorwürfe machen. 
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Biete an, dass er*sie jederzeit wieder zum Gespräch kommen kann. Akzeptiere, wenn dies abgelehnt wird. 
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Versuche nicht, das Erzählte herunterzuspielen oder aufzubauschen. Höre einfach zu und versuche zu verstehen, ohne zu werten. 
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Vermittle dem*der Betroffenen, dass du es aushältst, wovon er*sie dir erzählt. 
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Stelle sicher, dass der*die Betroffene sich nicht ausgegrenzt oder bestraft fühlt. 
„Ich vermute, dass es einem Kind nicht gut geht oder von sexualisierter Gewalt betroffen sein könnte.“
- Nimm deine Vermutungen/Gefühle/Intuitionen ernst.
- Überlege, woher die Vermutung bzw. dein Verdacht kommt und schreibe Anhaltspunkte auf.
- Gesprächsangebote machen: Biete dem Kind oder Jugendlichen ein Gespräch an.
 Akzeptiere, wenn es abgelehnt wird.
- Hole dir Rat und Hilfe bei einer Vertrauensperson oder Fachberatungsstelle.
„Ich vermute eine*n Täter*in in den eigenen Reihen.“
- Nimm deine Vermutungen/Gefühle/Intuitionen ernst.
- Überlege, woher die Vermutung bzw. dein Verdacht kommt und schreibe Anhaltspunkte auf.
- Hole dir Rat und Hilfe bei einer Vertrauensperson oder Fachberatungsstelle.
Es ist wichtig, Grenzverletzungen und Übergriffe zwischen Kindern und Jugendlichen ernst zu nehmen und offen anzusprechen. Auch schon bei kleineren Grenzverletzungen sollte deutlich reagiert und klar gemacht werden, dass dieses Verhalten nicht geduldet wird.
„Ich beobachte eine Grenzverletzung/einen Übergriff unter Kindern und Jugendlichen.“
- Grenzverletzendes bzw. übergriffiges Verhalten beenden und ggf. übergriffiges Kind in Rücksprache mit Eltern abholen lassen.
- Das betroffene Kind aus der Situation herausholen, Gespräch anbieten und Maßnahmen ergreifen, um den Schutz der*des Betroffenen sicherzustellen.
- Gespräch mit übergriffigem Kind suchen, um grenzverletzendes bzw. übergriffiges Verhalten zu reflektieren und zu verbieten.
- Gespräch mit Eltern der Kinder suchen, um Maßnahmen transparent zu machen, Kontakt zu Vertrauenspersonen im VCP RPS und Fachberatungsstellen herzustellen.
- Klare Regelungen und Vereinbarungen treffen, die bei Verstößen sanktioniert werden.
- Evtl. Thematisierung mit der Gruppe: nicht auf den Vorfall beziehen, sondern allgemein, vorbehaltslos und altersangemessen zum Thema Prävention, Grenzen wahrnehmen und achten, klare Regeln für den Umgang miteinander (Präventionsgrundsätze).